WISO Abendkolloquium 19.11.2019

07.11.2019

Murakami Naojirō: Übersetzer frühmoderner Aushandlungsprozesse oder imperialer Unterhändler?

Birgit Tremml-Werner

Zeit: Dienstag, 19. November 2019, 18:00 - 19:30 Uhr

Ort: Prominentenzimmer, Hauptgebäude, Tiefparterre, Hof 4

Moderation: Andreas Obenaus

Kaum jemand hat das Bild des vormodernen japanischen Außenhandels stärker geprägt als der Historiker und Übersetzer Murakami Naojirō (1868-1966), der 70 Jahre lang zahlreiche Quellen-editionen und diverse Publikationen zu den Kontakten Japans mit Europa und Asien im 17. Jahrhundert veröffentlichte. Das von ihm weltweit zusammengetragene Material wirkt bis heute im Diskurs über Japans Handelskontrolle während der Tokugawa-Zeit und seine Expansionsbestrebungen im Pazifik und Südostasien nach. Dies ist nicht zuletzt auf die Gründung der kaiserlichen Universität in Taipeh und die Einführung eines Studiengangs zur Geschichte Südostasiens (Nan’yō shi, eigentlich Südseegeschichte) im Jahr 1928, der bis 1935 von Murakami geleitet wurde, zurückzuführen. In Forschung und Lehre wurde hier der Einfluss europäischer Kolonialmächte und die Rolle Japans vor dem 19. Jahrhundert überhöht dargestellt, Taiwan selbst zudem vollkommen marginalisiert.

Im Vortrag wird die anachronistische Behandlung taiwanesischer Geschichte diskutiert, um einerseits der Frage nachzugehen, inwieweit Murakamis Verständnis wissenschaftlicher Geschichtsschreibung und moderner Diplomatie sein Geschichtsbild prägte. Andererseits soll geklärt werden, inwieweit die von japanischen Forschern veranlasste Wissensgenerierung und -kategorisierung in Südostasien imperialen Motivationen folgte.