Call for Papers: Tagung "Familien in den Alpen"

04.12.2023

Internationale Tagung, Ljubljana, 29.–31. August 2024

Organisation: Margareth Lanzinger (Wiso) und Aleksander Panjek (University of Primorska, Koper)

Frist für Bewerbungen: 31. Jänner 2024

"Familien in den Alpen. Haushalte und Verwandte, Nachbarn und Freund:innen – soziale und ökonomische Beziehungsnetze"

Die Alpen waren ein nahezu klassischer Untersuchungsraum für sozialanthropologische, vor allem amerikanische, Studien zu Dörfern und Familien, zum Umgang mit Besitz und Erbe etc. seit den 1960er Jahren, die zum Teil auch bereits quantifizierend arbeiteten. Zuvor entstanden auch schon bevölkerungsgeographische demographische Untersuchungen – etwa der „Innsbrucker Schule“ – zu einigen Alpentälern. Intensive und kontroverse Diskussionen drehten sich im alpinen Kontext unter anderem um homöostatische Konzepte. Diese fragten nach einem möglichen Zusammenhang zwischen Bevölkerung bzw. den Grenzen des Bevölkerungswachstums – ausgehend von Eheschließungen und Geburten als wesentliche Faktoren – und verfügbaren Ressourcen im Sinne einer demographisch-ökonomischen Balance. Offenere und breitere Zugänge erteilten umweltdeterministischen Sichtweisen eine Absage und verwiesen auf Handlungsoptionen, Pluriaktivität und mixed economies.

Mit dem internationalen Aufschwung der Historischen Familienforschung seit den 1970er Jahren richteten sich nun auch die Fragen von Historiker:innen auf Haushaltszusammensetzungen und Arbeitsorganisation, auf Unterschiede und Implikationen von Erbrechten und Erbpraxis, auf spezifische Migrations- und Heiratsmuster und auch historisch-anthropologische Themen. Da und dort fielen Gebirgsregionen durch spezifische Haushaltskonstellationen auf: beispielsweise durch die Präsenz von Stammfamilien (stem families) im engeren Sinn, in denen Väter die Macht-, Autoritäts- und Wirtschaftsposition weiterhin in ihren Händen hielten, auch nachdem ein Sohn oder eine Tochter in das Haus eingeheiratet hatte, durch gemeinsames Brüdererbe und komplexe Haushalte mit mehreren verheirateten Brüdern oder aber durch abwesende Männer und haushaltsführende Frauen aufgrund von geschlechtsspezifischer saisonaler Mobilität. Insgesamt konnten Studien die Vielgestaltigkeit und Komplexität von Familien und Haushalten verdeutlichten.

Ab den 1990er Jahren erweiterten sich die Zugänge: Der „Haushalt“ wurde quasi aufgelöst und differenzierende Perspektiven eingezogen: Der Fokus lag nun stärker auf einzelnen Positionen – als Ehefrauen und Ehemänner, Söhne und Töchter, Geschwister, Großeltern etc. –, auf Geschlechtern und Generationen, auf vertraglichen Arrangements verknüpft mit rechtlich-administrativen Rahmungen. Verschiedene Besitz-, Erb- und Ehegüterregime wurden aufeinander bezogen. Vor allem Verwandte, aber auch andere soziale Beziehungen, die über den Haushalt hinausführten – wie Nachbarn, Freunde, Vormünder und andere – standen nun im Zentrum des Interesses. Erweitert und differenziert hat sich zudem das soziale Spektrum von Studien. Dieses umfasst Landlose ebenso wie Handwerker und Gewerbetreibende auf dem Land, agrarische Produzent:innen und pluriaktiv Tätige sowie bäuerliche und andere Eliten.

Bei diesen Differenzierungen setzt die geplante Tagung der „Internationalen Gesellschaft für historische Alpenforschung“ an. Gefragt wird nach Bedeutung, Wirkmacht und Wirkweisen von grundlegenden Beziehungen – repräsentiert durch Familien, Verwandte, Nachbarn, Freund:innen und anderen – in verschiedenen sozialen und ökonomischen Kontexten alpiner Gesellschaften. Damit sind Arbeits- und Vermögenszusammenhänge adressiert, konkurrierende Interessen ebenso wie Allianzen und Kooperationen. Davon ausgehend, laden wir interessierte Referent:innen ein, Vortragsvorschläge zu schicken, die lokale oder regionale Fallstudien in synchroner oder diachroner Perspektive, Auseinandersetzungen mit Konzepten und Modellen der (alpinen) Familiengeschichte entweder auf Grundlage der eigenen Forschung oder in einem inneralpin vergleichenden Ansatz zum Inhalt haben oder zwei oder mehr der hier genannten Zugänge miteinander kombinieren. Der Zeitraum erstreckt sich vom Mittelalter bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Tagungssprachen sind deutsch, slowenisch, italienisch, französisch und englisch. 

Bei der Auswahl der eingegangenen Vorschläge orientieren sich die Organisator:innen an der Relevanz und Originalität des Themas sowie an einer möglichst austarierten Berücksichtigung aller Regionen des Alpenraums (gemäß der Definition der Alpenkonvention) und am Zeitrahmen der Tagung. Beiträge zu anderen europäischen Berggebieten, die sich auf die im Call for Papers angeführten Themen und Ansätze beziehen, sind ebenfalls willkommen.

Bitte senden Sie Ihren Vorschlag für ein Vortragsthema (200–250 Wörter) und ein Kurz-CV bis 31. Januar 2024 an: aleksander.panjek@fhs.upr.si