Ab den 1950er Jahren verdichtete sich die Vernetzung antikolonialer und antiimperialistischer AktivistInnen mit der Etablierung trans- und internationaler (Aus-)Handlungsräume im Globalen Süden. Während die Afro-Asiatische Konferenz von Bandung 1955 die prominenteste Manifestation der zunehmend institutionalisierten Süd-Süd-Beziehungen darstellte, interagierten auch zahlreiche nichtstaatliche AkteurInnen vor und nach der Bandung-Konferenz über territoriale, sprachliche und ideologische Grenzen hinweg. An der Schnittstelle von Kaltem Krieg, Dekolonisierungs- und Entwicklungsbestrebungen ließen neue Plattformen des Austausches kritische Ideen und Praktiken zirkulieren, um (neo-)koloniale Abhängigkeit und globale Ungleichheit zu überwinden.
Im Rahmen Afro-Asiatischer Netzwerke wurden neue Konzepte von Raum, Identität, Kultur und Gesellschaft formuliert und erprobt, welche die dominanten Wahrnehmungen von Nation, Staatlichkeit und internationaler Ordnung herausforderten. Als Triebkraft antikolonialer Befreiung in Afrika brachte auch der Panafrikanismus politische Alternativen hervor. Die Bestrebung nach einer kontinentalen Einheit Afrikas ließ politische Projekte entstehen, die über die Etablierung einzelner Nationalstaaten hinausgingen. Begleitet wurden sie oftmals von alternativen Entwicklungsmodellen, die auf unterschiedlichen Vorstellungen von „Self-Reliance“, „Afrikanischem Sozialismus“ und regionaler Integration basierten. Die panafrikanischen Ordnungsvorstellungen richteten sich gegen (neo-)koloniale und imperialistische Interventionen und waren somit intrinsisch mit dem „Dritte Welt“-Internationalismus verknüpft, der eine grundlegende Transformation des internationalen Systems forderte.
Der Vortrag skizziert, wie panafrikanische Konzepte von Unabhängigkeit, Gesellschaft und Entwicklung der 1950er und 1960er Jahren durch die Linse Afro-Asiatischer Netzwerke untersucht werden können. Dabei wird aufgezeigt, wie die Afro-Asiatische Solidaritätsbewegung und die antikoloniale panafrikanische Bewegung miteinander verflochten waren. Anhand konkreter AkteurInnen, ihrer Handlungen und Überlegungen wird zudem veranschaulicht, wie alternative, teils überlappende, teils konkurrierende Visionen, Diskurse und Praktiken in der sogenannten „Bandung Ära“ zeitgleich vorherrschten.
Wir freuen uns auf Ihr Kommen!
Dr. Therese Garstenauer
Senior Research Fellow (FWF – Elise Richter Programm)
Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Universität Wien
Universitätsring 1, A-1010 Wien
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